Polymoon - Chrysalis

  • Artist: Polymoon
  • Album: Chrysalis
  • Label: ROBOTOR RECORDS
  • VÖ: 17.02.2023

Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, erschiene den Menschen alles, wie es ist: unendlich. - William Blake.
 
Psychedelischer Rock war immer schon ein probates Mittel, um den Geist zu befreien und die Seele wandern zu lassen. Progressiver Rock hingegen zielt stets darauf ab, den Intellekt zu nähren und die Grenzen der Musik zu verschieben, durchlässig zu machen. Im Klangkosmos von Polymoon kollidieren diese beiden Galaxien und lassen einen neuen Stern progressiver Psychedelik entstehen.
 
Polymoon sich 2018 im finnischen Tampere zusammengefunden, um uns durch Wurmlöcher, den einen oder anderen Kaninchenbau und manch schwarzes Loch zurück zu uns selbst zu führen. Nachdem sie ihr gelobtes Svart-Records-Debüt „Caterpillars of Creation“ im Jahr 2020 in die Welt entließen, haben sie jetzt bei Kadavars eigenem Geschmackslabel Robotor Records unterschrieben und sind drauf und dran, ihr zweites Werk mit dem klangvollen Titel „Chrysalis“ in den Orbit zu befördern.
 
„In unserer Musik verschmelzen Euphorie und Melancholie. Wir wollen unsere Hörer auf eine andere Bewusstseinsebene entführen“, fasst die Band ihren Ansatz recht treffend zusammen – ein Ansatz, begleitet von flüchtigen Visionen eines Syd Barrett und anderen lysergischen Pionieren. Nachdem Polymoon in ihrem Heimatland Finnland an Schwung gewonnen und sich einen Ruf als exzellente, mitreißende Live-Band erspielt haben, gehen sie nun noch einen Schritt weiter. Auf ihrem zweiten Album „Chrysalis“ (VÖ: 17. Februar 2023) verwandeln sie ihren labyrinthinen Klangteppich in einen blühenden Trip von ekstatischen Ausmaßen. „Unser Sound schöpft aus verschiedenen Einflüssen, darunter Psychedelic Rock, Progressive Rock und Shoegaze“, sagt die Band. „Auf dem Debütalbum haben wir uns bemüht, die Hörer zu uns zu locken, damit sie mit uns einen Blick hinter den Schleier werfen. Auf unserem zweiten Album heben wir jetzt diesen Schleier.“
 
So entstand auch der selbsterklärende Titel, der ein Stadium in der so wunderbar fremdartigen Metamorphose eines Insekts beschreibt: Die Puppe öffnet sich, die neu gebildeten Flügel entfalten sich langsam. Was dabei herauskommt, ist eine Band, die ihren anspruchsvollen Sound nicht nur verfeinert, sondern gleich dynamischer und zugänglicher gemacht hat – dank ihrer erhöhten Bühnenpräsenz. „Nach der Fertigstellung von ‚Caterpillars of Creation‘ wollten wir eine kleine Pause vom kreativen Teil des Musikerdaseins einlegen und uns darauf konzentrieren, als neue Band in der kleinen finnischen Psychedelic-Rock-Szene Fuß zu fassen“, erklärt das Kollektiv. „Wir sind alle Menschen, die ständig etwas erschaffen müssen, also war es eh gesetzt, dass während dieser Pause etwas in uns siedete und brodelte. Irgendwann hatten wir unser Debüt dann so oft zusammen gespielt, dass wir das Gefühl hatten, es sei an der Zeit, etwas Neues zu machen.“


 
Natürliche Evolution statt erzwungener Progression ist es, was „Chrysalis“ direkt in die erste Liga der anspruchsvollen Psychedelik katapultiert – mit Riffs wie Asteroidenschauer, rauschhaft-verklärten und spontanen Zwischenspielen und einem blinden Verständnis zwischen den Musikern. „Wir wollen uns einfach weiterentwickeln und bessere Musiker und Künstler werden“, sagen Polymoon. „Wir graben tiefer in unseren Instrumenten und versuchen, neue Wege zu finden, wie wir mit ihnen umgehen können. Auf diese Weise finden wir unseren Sound als Individuen, aber auch als Band.“
 
Die Arbeiten an einem Nachfolger begannen noch vor der Veröffentlichung ihres Debüts. Ihre Reise begann mit dem monumentalen Astralstück „Instar“, einem wunderschönen und zugleich bedrohlichen Einstieg in ihre Welt. „‚Instar‘ gab den Ton für den Rest des Albums vor. Es war eine vertraute und doch neue Art des Musikmachens für uns. Wir lehnen uns bewusst an alten Prog-Rock oder sogar Popmusik an und behalten trotzdem im Hinterkopf, dass die Basis unserer Musik Rock’n’Roll ist.“ Als Kollektiv in ausufernden Jams geschrieben und in den Robotor Studios in Berlin von Kadavars Tiger Bartelt produziert, hat die Band die Songs wieder einmal so aufgenommen, wie es für sie am natürlichsten ist – live. „Wir sind der Meinung, dass dies der beste Weg ist, uns zu präsentieren“, erklären sie. „Live aufzunehmen gibt uns die Möglichkeit, uns wirklich gehen zu lassen, wir selbst zu sein und auf das Spiel der anderen zu reagieren. So erleben wir die Musik in ihrer reinsten Form.“
 
Kosmische Härte, die mit wehmütigen Melodien verschmilzt und dann weiter in ein fraktales Gefühlprogressiver Unendlichkeit mäandert: „Chrysalis“ ist ein Album, das uns höflich dazu auffordert, es gründlich zu erforschen. Dies ist kein Fast-Food-Rock, dies ist keine Platte, die alle ihre Geheimnisse und verborgenen Schätze gleich beim ersten Durchlauf preisgibt; es ist eine Platte, die für die Psych-Prog-Kenner, Space-Rock-Kosmonauten und Freunde des Sonderbaren da draußen eine extrem lohnende, bereichernde Erfahrung darstellt Eine interstellare Reise voller Wendungen und Stimmungen. Vom gigantischen Prog-Rock-Opener „Crown of the Universe“ über das massive „Set The Sun“ bis hin zur schlangenartigen Pracht von „Viper At The Gates Of Dawn“ (höhö...) entfalten sich Polymoon auf „Chrysalis“ zu voller kosmischer Größe. Ohne es zu wissen, sind sie kurz davor, eines der faszinierendsten, aufregendsten und forderndsten Psychedelic-Rock-Alben der letzten Zeit zu veröffentlichen. Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter.

9/10

 



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