Artist: Philip Blackburn
Album: Another Intensity
Label: Neuma Records
VÖ: 21.11.2025
Klanggewitter in Zeitlupe – Philip Blackburns „Another Intensity“
Mit „Another Intensity“ verwandelt Philip Blackburn die Natur selbst in ein Instrument und schafft ein Klanguniversum zwischen Meditation und Mysterium.
Philip Blackburn ist kein Musiker, der den einfachsten Weg sucht – er baut ihn sich selbst. Und zwar aus Nebel, Tropfstein und Erinnerung. Sein neues Album Another Intensity (Neuma Records, VÖ 21.11.2025) ist ein wagemutiges Klangexperiment zwischen Elektronik, Naturaufnahme, Neuer Musik und ritueller Trance. Es ist ein Werk, das weniger gehört als erlebt werden will – und das mit einer Intensität, die dem Titel alle Ehre macht.
Bereits der Auftakt In Praise of Clouds wirkt, als würde man durch den Himmel selbst spazieren: flirrende Chorstimmen, die irgendwo zwischen digitalem Dunst und spiritueller Entrückung schweben. Blackburns Ansatz ist radikal organisch – er komponiert nicht über die Natur, sondern mit ihr. Ob er in der Tropfsteinhöhle von Belize auf urzeitlichen Gesteinsformationen spielt (Sounding Xibalba) oder das Summen von Fahrradfelgen mit fernöstlicher Blasmusik verwebt (Dawn Chorus, Still Life): Hier wird die Umwelt zum Mitmusiker.
Sein Konzept des „archaeoacoustic ritual“ – das Hören als spirituelle Ausgrabung – zieht sich wie ein unsichtbarer Faden durch das Album. In Between Two Waves of the Sea trifft dieses Prinzip auf orchestrale Weite, während Floating Beneath the Surface die Zeit selbst in eine schwebende Klangfläche dehnt, die an Brian Eno erinnert, nur dichter, geerdeter, fast körperlich spürbar.
Besonders faszinierend sind die sogenannten „Unearthing“-Stücke, in denen Musiker versuchen, eine frühere Aufnahme „exakt nachzuspielen“ – was natürlich scheitert, aber gerade in diesem Scheitern entsteht Magie. An Illegible Stone ist so ein Beispiel: ein hypnotischer Dialog zwischen Cello und Percussion, der die Unmöglichkeit des genauen Nachhörens in Kunst verwandelt.
Blackburns Musik ist gleichzeitig meditativ und fordernd, poetisch und wissenschaftlich. Sie erinnert an Pioniere wie Pauline Oliveros oder Harry Partch, bleibt aber immer unverwechselbar Blackburn – zwischen akustischer Forschung und klanglicher Poesie. Mit über 50 Minuten Länge lädt Another Intensity zum bewussten Entschleunigen ein – ein Hörabenteuer, das den Atemrhythmus der Erde spürbar macht.
Ein Meisterwerk für offene Ohren – und ein klarer Fall für die 9 von 10 Punkten.
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