
Artist: ELLA FITZGERALD
Album: THE MOMENT OF TRUTH: ELLA AT THE COLISEUM
Label: Verve / Universal Music
VÖ: 28.02.2025
Ella in Höchstform: Jazz-Glanzlicht aus der Versenkung
Ein verschollenes Konzert von Ella Fitzgerald zeigt die Jazz-Ikone 1967 in Bestform – mit Swingspirit, Pop-Schlenkern und einem Orchester zum Niederknien.

Wenn man sagt, Ella Fitzgerald habe das Live-Album praktisch erfunden, ist das kein PR-Geklingel, sondern eine schlichte Feststellung. Mit The Moment of Truth: Ella at the Coliseum gesellt sich nun ein weiteres Juwel zu ihrer ohnehin funkelnden Konzertdiscografie. Der Mitschnitt aus dem Jahr 1967 war jahrzehntelang verschollen und wurde erst kürzlich in den Archiven von Verve-Gründer Norman Granz wiederentdeckt. Das Ergebnis ist ein faszinierender Moment der Jazzgeschichte, der Ella nicht nur als souveräne Interpretin von Klassikern, sondern auch als stilsichere Vermittlerin des damaligen Pop-Gefühls zeigt.
Die Aufnahme entstand während einer besonders kreativen Phase: Fitzgerald war auf Tour mit Mitgliedern des Duke Ellington Orchestra, ließ ihre Verve-Zeit gerade hinter sich und tastete sich selbstbewusst in neues Repertoire hinein. Unterstützt von einem All-Star-Ensemble um Jimmy Jones (Piano), Bob Cranshaw (Bass) und Sam Woodyard (Drums), sowie Legenden wie Cat Anderson, Cootie Williams und Johnny Hodges, singt sie sich durch Jazz-Standards und überraschende Popsongs – und zwar mit jener Eleganz, die nur sie beherrschte.
Der Einstieg mit The Moment of Truth wirkt wie eine programmatische Ansage. Ella, die Meisterin der Phrasierung, kokettiert mit dem Rhythmus, streut kleine Bühnenflirts ein und zieht das Publikum mühelos auf ihre Seite. Klassiker wie Don’t Be That Way und Bye Bye Blackbird singt sie mit einer Tiefe, die selbst bei so oft gehörten Songs für Gänsehaut sorgt. Gleichzeitig beweist sie mit Alfie oder Music to Watch Girls By, dass auch zeitgenössische Popnummern in ihrem Repertoire nicht deplatziert wirken – ganz im Gegenteil: Sie jazzt sie auf ein Level, das man so nicht erwartet hätte.
Besonders charmant: Ella zeigt in ihren Ansagen und Improvisationen jene lässige Bühnenpräsenz, die sie so einzigartig machte. Mal flirtet sie mit dem Publikum, mal stichelt sie gegen sich selbst oder zitiert aus dem Popkosmos der Sechziger. Dass sie Let’s Do It kurzerhand mit Beatles-, Bond- und Sonny-&-Cher-Zeilen garniert, ist typisch für ihre Spielfreude – und typisch für das, was sie ausmacht: große Kunst mit einem Augenzwinkern.
Die Krönung des Abends ist ein energiegeladenes Mack the Knife, das einmal mehr zeigt, dass Fitzgerald auch nach fast einer Stunde auf der Bühne noch genug Luft für ein Jazz-Feuerwerk hat. Wer sie je live erleben durfte, wird wissen: Ella hatte keine schlechten Tage. Und wenn doch, hat man es nicht gemerkt. Dieses Konzert ist der Beweis.
Fazit: The Moment of Truth ist nicht nur ein grandioser Fund für Fans, sondern auch ein weiterer Meilenstein im Schaffen der „First Lady of Jazz“. Zeitlos, mitreißend und schlicht: großartig.
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