Horace Silver verbindet auf „The Tokyo Blues“ fernöstliche Melodien mit groovendem Hard Bop – jetzt in edler Tone Poet Edition neu aufgelegt.

Wer dachte, der Hard Bop könne sich nicht weiterentwickeln, hat wohl noch nicht Horace Silvers musikalisches Reisetagebuch gehört. „The Tokyo Blues“, ursprünglich 1962 aufgenommen, ist nicht einfach nur eine post-touristische Verneigung vor dem japanischen Publikum – es ist ein rhythmisch pulsierender Brückenschlag zwischen Kulturen, Stilen und Kontinenten. Silver, der gerade frisch von seiner ersten Japantournee zurückkam, zeigt sich hier als neugieriger Weltbürger mit einem ausgeprägten Gespür für Balance: fernöstlich inspirierte Melodien treffen auf lateinamerikanische Rhythmen, gehalten von einem groovenden Fundament aus klassischem Blue-Note-Bop.

Das Album entfaltet einen ganz eigenen Charme, irgendwo zwischen Nachdenklichkeit und Coolness. Silvers Quintett agiert dabei auf dem Punkt – tight, aber mit genug Raum zum Atmen. Alles klingt wie aus einem Guss, was vor allem der fein abgestimmten Kommunikation zwischen Klavier, Bläsern und Rhythmusgruppe zu verdanken ist. Dass die Neuauflage als Teil der Tone Poet Serie erscheint, ist mehr als verdient: Das Remastering von Kevin Gray bringt die Details der Originalbänder zum Leuchten, ohne ihren analogen Charakter zu glätten. Klanglich ist das eine wahre Freude – klar, warm, präsent. Pressqualität und Verpackung? Ebenfalls auf Top-Niveau.

Mit „The Tokyo Blues“ beweist Horace Silver, dass musikalische Offenheit und handwerkliche Präzision bestens zusammengehen. Und dass ein Album, das auf einer Reise geboren wurde, auch Jahrzehnte später noch neue Klanglandschaften erschließen kann.

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