Mit Goodnight entführt Jeff Myers in ein schwebendes, fast körperloses Klanguniversum – ein Album zwischen meditativer Tiefe und experimenteller Klangkunst. 

Jeff Myers stellt mit Goodnight eine einfache, aber faszinierende Frage: Wann ist ein Klavier kein Klavier mehr? Die Antwort liefert er in Form eines achtteiligen Klangwerks, das den Geist des Klaviers heraufbeschwört, ohne sich an dessen physische Grenzen zu halten. Statt Tastenanschlägen und Pedalbewegungen gibt es schwebende Harmonien, gedehnte Resonanzen und dichte Droneschichten, die sich wie nächtliche Nebelschwaden über die Zuhörenden legen.  

Das Album entstand in einer für viele Musiker kreativen, aber herausfordernden Zeit – mitten in der Pandemie. Myers, bekannt für seine Kompositionen zwischen Klassik, Avantgarde und Elektroakustik, nutzte die nächtliche Stille, um tief in den Kosmos der Langform-Sounds einzutauchen. Das Ergebnis ist ein hypnotisches Werk, das sich nicht in Melodien verliert, sondern in Zuständen verweilt – schwebend, pulsierend, flüchtig wie ein Traum, aus dem man nicht ganz erwachen möchte.  

Jeder Track hat sein eigenes Wesen: Orbital spielt mit verschiedenen rhythmischen Überlagerungen und vermittelt das Gefühl kosmischer Bewegungen. Oxytocin greift das Thema menschlicher Nähe auf, während Overdose ein verstörendes, aber fesselndes akustisches Erleben von Reizüberflutung nachzeichnet. Digestif brummt düster, fast bedrohlich, während Pulsar mit heller Energie aufleuchtet. Diese klanglichen Facetten zeigen Myers‘ Fähigkeit, rein aus Texturen und Atmosphären Stimmungen zu formen – eine Kunst, die Fans von Eliane Radigue, La Monte Young oder Sunn O))) zu schätzen wissen dürften.  

Dass Myers ein Händchen für Klangfarben hat, zeigt nicht nur seine Arbeit mit Künstlern wie Hilary Hahn oder dem JACK Quartet, sondern auch die Produktion dieses Albums. Am besten erlebt man Goodnight mit einem guten Soundsystem – oder Kopfhörern, wenn die Nacht bereits über die Stadt gefallen ist. 

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